Entstehung der Coburger Lerchen
Im Gegensatz zu anderen Rassen und Farbenschlägen, die aus Kreuzungen und gezielten Erzüchtungen entstanden sind, entwickelte sich die Coburger Lerche aus den Haustaubenpopulationen in ihrem Stammland. Hier ist insbesondere das Gebiet des ehemaligen Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha zu nennen. Wie die Orts- und Gebietsbezeichnungen schon aussagen, ist dies die Region des jetzigen Südthüringens und der fränkischen Gebiete um Coburg. Das damalige Herzogtum wurde 1920 aufgelöst und Gebietsteile wurden Thüringen bzw. Bayern zugewiesen. Die Bevölkerung des Coburger Landes konnte per Volksentscheid abstimmen, ob sie zu Thüringen oder zu Bayern wollten. Aufgrund der großen finanziellen Zusagen der Bayern, von denen Coburg noch heute profitiert, ergab sich eine klare Entscheidung zugunsten von Bayern.
Die damaligen Entstehungsgebiete sind auch heute noch eine starke Hochburg der Coburger-Lerchen-Zucht. Hier ist die Gruppe des Sondervereins in Thüringen und Bayern zu nennen.
Diese politische Aufteilung der Hauptzuchtgebiete der Coburger Lerchen hatte mit der Teilung Deutschlands auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Rasse. Hierzu aber später mehr.
In der Gegend um Coburg gab es auf fast allen Bauernhöfen Tauben der verschiedensten Farben und Zeichnungen. Die damaligen Besitzer beeinflussten sicherlich ihren Bestand nach ihrem Geschmack in Bezug auf Farbe und Zeichnung.
Die "Koburger Lerche"
Die Ahnen bleiben unbekannt
Wie obigen Schilderungen zu entnehmen ist, werden wir jetzt nach mehr als 120 Jahren die Ahnen unserer Coburger Lerchen nie genau erfahren. Ich denke ebenfalls, dass sie sich im Coburger Land und Südthüringen aus den Haustauben entwickelte. Durch Selektion wurde ihr Aussehen stabilisiert und durch Zuflug oder gezielten Erwerb fand sie immer mehr Liebhaber.
Unzweifelhaft ist, dass Römer und Bagdetten zur weiteren Verbesserung eingekreuzt wurden. Man führt die Stülpflügel, die bis in die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts zu sehen waren, auf die Römereinkreuzungen zurück. Auch könnte die noch heute vorkommende unschöne Halslinie auf Bagdettenknorpel zurückzuführen sein. Immer wieder findet man in der Literatur Hinweise auf Einkreuzungen von Gimpeltauben. In dem vorher bereits zitierten Artikel von 1903 wurde eine Verbindung hergestellt zwischen der Ockerbrust und den Gimpeltauben. Auch wird Friese nachgesagt, da er gleichzeitig Gimpeltauben züchtete, dass er Kreuzungen vornahm.
Die in der Vergangenheit selten aufgetretenen Spitzkappen werden dann hier als Beweis geführt. Ich zweifle, ob dies als Beweis taugt oder eher verzweifelt nach Ursachen dieser Spitzkappen gesucht wird, die sporadisch auch bei vielen anderen Rassen auftreten. Das Farbspiel der Coburger und die Genetik (siehe späteres Kapitel) sprechen eindeutig gegen die Einkreuzung der Gimpeltauben. Auch hat die Ockerbrust genetisch überhaupt nichts mit der Gimpeltaube zu tun.
Zusammenfassend kann man sagen, dass zuerst blaue gehämmerte Tiere vorhanden waren. Dann kam durch Mutation oder Einkreuzung der fahle Faktor zum Tragen. Diese blaufahlen Tiere, wie sie bei vielen anderen Rassen auch zu sehen sind, wurden dann durch Einkreuzungen und Selektion verbessert. Sehr früh wurden dann bereits bindige Tiere und Tiere ohne Binden gezeigt.
An einigen Literaturstellen spricht man noch von einer Kohllerche, die sehr dunkel war, und der eigentlichen Gelerchten, die in der Zeichnung offener wurde. In Thüringen und Franken spricht man von hohligen Tieren mit und ohne Binden.
Die Entstehung der silbernen Farbenschläge
Ursprünglich war die Coburger Lerche nur in Gelercht anerkannt. Wie wir in einem späteren Kapitel noch sehen werden, ist dies jedoch eine Mutation weg von der Felsentaube, die immer mit Binden ist. Die Entstehung der silbernen Farbenschläge könnte nun ein Erbgutsprung zurück zur Ahnentaube, der Felsentaube, sein oder es kam durch die Einkreuzungen dieser Farbenschlag wieder zum Tragen. Friese zeigt ebenfalls die beiden Entstehungsmöglichkeiten auf. Da er aber in der damaligen Literatur schon Hinweise auf die sogenannten Mehllichten fand, bevor Römer eingekreuzt wurden, glaubt er, dass sie durch Verpaarungen von sehr offen gezeichneten Gelerchten entstanden.
Louis Mengel, der schöpferische Vater der „Silberlerchen“, führte einen erbitterten Kampf, bis es zur Anerkennung der Silberlerchen kam. Unterstützung kam vom 1. Vorsitzenden Victor Krieger und Otto Friese. Gegner waren alteingesessene Züchter aus dem Hauptzuchtgebiet Coburg-Sonneberg. Sie wollten von den Silberlerchen nichts wissen und sprachen von einer anderen Rasse und bezeichneten mit Coburger Lerchen nur die Gelerchten. 1919 wurde beschlossen, dass die Coburger Silberlerche volle und gleichberechtigte Anerkennung neben ihrer gelerchten Schwester fand. Mengel und Friese arbeiteten eine Mustersatzung aus, die 1920 in Chemnitz vom Hauptverein anerkannt wurde. Wenig später gab Dr. Trübenbach vom Bund Deutscher Rasseegeflügelzüchter seine Zustimmung. Mengel wurde innerhalb des Sondervereins Obmann für Silberlerchen.
Bäckermeister Mengel hat die sporadisch gefallenen Tiere gezielt in Reinzucht weitergezüchtet. So konnte er die Bindigen Schritt für Schritt verbessern. Aus diesen Tieren fielen dann später auch Tiere ohne Binden. So waren die drei Farbenschläge komplett.
Bei diesem Farbenschlag war die Zucht der ersten Jahre davon geprägt, nur auf Größe zu züchten. So schrieb 1933 Meinhard aus Dassel mit erhobenem Zeigefinger bezüglich der Farbe:
„Die hellgraue – lichtblaue Farbe darf nicht verloren gehen. Eine große Gefahr ist bei den farblosen, verbleichten und hellen Kandidaten zu sehen. Die Hinterhalsfarbe neigt zu Gelb- und Bronzeton (was auch heute noch vereinzelt vorkommt). Die Binden haben einen bräunlichen Schein (manchmal auch heute noch). Die Lerchenzüchter werden uns aus dem Hauptverein hinauswerfen, weil keine Geschwisterähnlichkeit mehr vorhanden ist.“
Aus heutiger Sicht, wo insbesondere die Silber ohne Binden führend sind, ist es unvorstellbar, dass in der Anfangsphase die silbernen Farbenschläge abgelehnt wurden.
In den ersten Jahren wird großer Wert auf reine Farben gelegt. Das Schild soll möglichst rein sein. Friese schreibt: ,Auf reinen, hellen Schnabel bei den Silberlerchen muss größter Wert gelegt werden, ist er doch bei diesen leichter zu erzüchten als bei den Gelerchten.“
Die Silberfarbenschläge haben in den letzten Jahrzehnten einen gewaltigen Aufschub genommen. Dies rührt zum einen aus dem Farbspiel her, denn satte Schwingen mit mattgrünem Hals, dazu das helle Schild lassen bei dieser Formentaube auch Farbentaubenliebhaber schwach werden. Es gibt keinen blaufahlen Farbenschlag (wie die Coburger Lerche) bei anderen Rassen, die diese intensiven sauberen Farben zeigen. Hier können sich die Farbentaubenliebhaber von den Coburger-LerchenZüchtern noch einiges abschauen. Die Verbreitung der beiden silbernen Farbenschläge hat sicherlich auch die vermeintlich leichtere Zucht unterstützt. Aber der Zuchtstand ist sehr hoch und die Spitzentiere unterscheiden sich nur noch in Feinheiten auf den führenden Schauen und insbesondere auf der Hauptsonderschau. Sicherlich ist die Ausbeute an ausstellungsfähigen Tieren größer, aber auch die Ansprüche auf den Schauen sind gewachsen.
Der entscheidende Schritt zur Formentaube
Die Wende zur tatsächlichen Formentaube brachte dann die ,,Ära“ Fritz Paulus aus Bubenreuth. Sein Leitspruch war „Form, Form, Form“; als hier der Grundstock gelegt war, wurde er abgewandelt in „Form, Farbe, Zeichnung“. Er fungierte als Vorsitzender und Zuchtwart mit Rudi Metzger, Nieder-Weisel, als 2. Vorsitzenden an seiner Seite. Rudi Metzger organisierte 1965 die erste Hauptsonderschau nach dem Kriege in seinem hessischen Wohnort, wo diese 42 Jahre lang alljährlich stattfand. Während seiner Zeit wurden ,,hier“ diese Forderungen an den Tauben umgesetzt. 476 Coburger Lerchen waren es 1965, das „Fest der tausend Lerchen“ fand mit 1053 Tieren im Jahr 1989 statt. Die Meldezahl liegt derzeit um die 800 Lerchen. Hier wurde dann auch der Grundstein für ,,Form, Farbe, Zeichnung“ gelegt, wie oben bereits erwähnt.
Der Weg zur unumstrittenen Formentaube
In der Amtszeit von Fritz Paulus bis 1980 war dieser Prozess abgeschlossen. Es darf hier auch nicht unerwähnt bleiben, dass er sich voll mit der Lerchenzucht identifizierte und zu der nötigen Überzeugungskraft auch die Kraft des Schulmeisters zur Überzeugung konnte. Man muss hier neidlos anerkennen, dass der damals eingeschlagene Weg der richtige war. Der Anfang war gemacht, der nachfolgende Zuchtwart des Hauptvereins, Dr. Heinz Wahlers aus Bremen, führte dies fort. Als versiertem und seit den regelmäßigen Hauptsonderschauen 1965 auch stets erfolgreichem Aussteller des gelerchten Farbenschlages lag ihm dieser besonders am Herzen. Die geforderten „tiefen Lerchungskeile“ mit der damit verbundenen klaren Abgrenzung zur Hämmerung waren sein Hauptanliegen.
Während seiner Tätigkeit ist hier ein mächtiger Schritt nach vorne gelungen. Die Lerchung wurde auf breiter Basis verbessert und die gehämmerten Zeichnungsbilder wurden auf ein Minimum zurückgedrängt. Er zeigte hier stets und bis heute Spitzentiere, vor allem gab er auch stets Tiere aus seiner Zucht ab und hat somit auf breiter Basis zur Verbesserung dieses Farbenschlages beigetragen. Dies trifft auch auf die Lerchungsfarbe zu. Die hier auch heute noch vorkommenden Brauntöne waren und sind von ihm bis heute, wie kaum von einem anderen, verpönt. Dies trifft bei den Bindigen die Bindenfarbe zu.
Ihm folgte Harry Horlbeck aus Mecklingen als Zuchtwart, gebürtig aus dem Vogtland und damit dem Mutterland der Coburger Lerchen. Er war gleichfalls ein Züchter, der ab 1965 bei den Hauptsonderschauen dabei war und den Farbenschlag „Silber ohne“ stets mit Erfolg dort eingeschlagenen Weg seines Vorgängers fortsetzte. Auf saubere Farben wurde weiter größter Wert gelegt, die Zeichnung bei den „Gelerchten“ wurde weiter verbessert. Bei den Bindigen wurde auf entsprechende Bindentrennung und deren Länge Wert gelegt. Auch die Durchfärben der hinteren Binde mit einer klaren Abgrenzung nach hinten wurde von ihm gefordert.
Als ,,Silberlerchenzüchter“ wurde die gleichmäßig graue Schwingenfarbe dieses Farbenschlages konsequent gefordert und dadurch auch entsprechend verbessert. Auch möglichst reine Hinterhalsfarben wurden verlangt. Die hier verpönten Bronzeeinlagerungen standen schon 1933 durch W. Meinhard in der Kritik. Sie wurden nun hart zurückgestuft und die unerwünschten Silbereinlagerungen auf ein Minimum zurückgedrängt. Dies war nötig, weil nach dem Zusammenschluss von SV und SZG in mehreren Zuchten im Osten die geforderte mattgrüne Hinterhalsfarbe Wünsche offenließ. Durch das korrekte Vorgehen stellte sich auch der Erfolg nach wenigen Jahren ein. Tiere, die die gewünschte mattgrüne Halsfarbe nicht zeigen, entsprechen vor allem in den Silberfarbenschlägen nicht mehr dem heutigen Zuchtstand.